SKIN & SCIENCE

Anti-Aging: Clever kombinieren

Die sichtbare Alterung zu bremsen ist für viele ein Grundbedürfnis. «Wunderwirkstoffe» boomen daher wie nie zuvor. Dabei geht es vor allem darum, schnell optische Effekte zu erzielen. Anti-Aging-Massnahmen sollten sich aber ergänzen und nachhaltig wirken, wie unser Autor erklärt.

Veröffentlicht am 28.07.2021

Kosmetische Wirkstoffe sind nur ein Teil der Strategie, wie man den Alterserscheinungen der Haut begegnen kann. Naturgemäss spielen sie aber eine grosse Rolle, da sie zusammen mit den Präparaten durch Werbung leicht kommuniziert werden können und wichtige Umsatzträger sind. Der Online- Handel nimmt dabei einen immer grösseren Raum ein. Umso wichtiger ist es für die behandelnden Kosmetikerinnen, sich bewusst zu machen, wie Anti-Aging-Wirkstoffe und entsprechende Produkte durch Kombination, Vernetzung, Symbiose und Personalisierung nachhaltig optimiert und dadurch Wettbewerbsvorteile für die Institute erreicht werden können.

Rein kommerziell gesehen, könnte man einen Anti-Aging-Wirkstoff (AA) so definieren, dass er die Anwenderinnen jugendlicher aussehen lässt. Demnach würden die meisten dekorativen Produkte in diese Kategorie fallen – inklusive derer, die Problemhaut kaschieren, also z. B. Cremes, die Rötungen bei Rosacea optisch beseitigen.

 

Für lang anhaltende Effekte

Diese Präparate haben selbstverständlich ihre Daseinsberechtigung, um kurzfristig und temporär ein Problem zu lösen. Sie sollten aber im Sinne des Kundennutzens zumindest mit Produkten kombiniert werden, die langfristig und nachhaltig im Hintergrund arbeiten und dadurch tatsächlich präventiv die Alterung verlangsamen und den Zustand der Haut verbessern.

So eine Kombination erfordert allerdings eine Menge Fachwissen in Bezug auf die stofflichen Zusammensetzungen der Kosmetika, um kontraproduktive Effekte auszuschliessen. Gut dokumentierte Wirkstoffe sind unter den Cosmeceuticals zu finden. Sie stehen an der Grenze zu den Pharmazeutika. Beispiele hierfür sind Vitamine, die regenerativ und teils anti- inflammatorisch wirken, wie:

  • Vitamin A und seine Ester,
  • Vitamin B3 (Niacinamid),
  • Provitamin B6 (D-Panthenol) sowie
  • Vitamin E und seine Ester.

Pluspunkte bei Vitaminen und nachhaltigen AA-Wirkstoffen sind deren physiologische Verträglichkeit und ihre humanbiologische Abbaubarkeit. Regenerative, anti-entzündliche und schützende Wirkstoffe bilden das Anti-Aging-Repertoire.

Zu den schützenden Substanzen gehören Ceramide, Phytosterine sowie langkettige Fettsäuren und deren Ester – sie sind präventiver Natur. Regenerative und antientzündliche Wirkstoffe hingegen sind Problemlöser. Sie werden bei endogenen Einflüssen wie etwa atopischer Haut, bei Enzymdefekten oder bei exogener Strahlungsbelastung und Infekten eingesetzt. Zu den schützenden Komponenten gehören auch Filter gegen UVA- und UVB-Strahlung. Den in diesem Zusammenhang empfohlenen Antioxidanzien wird meist zu viel Bedeutung beigemessen. Hingegen ist für AA-Präparate die Pflege des NMF (Natural Moisturizing Factor) der Haut in Form von Aminosäuren viel wichtiger. Diese stabilisieren die Hautfeuchtigkeit und fangen atmosphärische Radikale ab.

Einzelne AA-Präparate machen wenig Sinn, wenn nicht alle anderen Massnahmen darauf abgestimmt sind. Die Reinigung von Gesicht und Körper muss mit Komponenten ausgestattet sein, die die Haut wenig auslaugen. Die Schutzpräparate sollten physiologisch abbaubare Emulgatoren enthalten, um den «Washout-Effekt» von Barrierebestandteilen auf ein Minimum zu beschränken. Ein wichtiger Gesichtspunkt bei der Kombination von Regeneration und Schutz ist die gleiche Basiscreme. Stand der Technik sind lamellare Cremes, deren physikalische Struktur den Schichten der Hautbarriere gleicht. Ähnliche Überlegungen gelten im Institut, wenn es darum geht, Reinigung, Maskenbehandlung und die finale Pflege zu kombinieren.

Vitamine, Mineralstoffe und Antioxidanzien lassen sich gut kombinieren

Vitamine, Mineralstoffe und Antioxidanzien lassen sich gut kombinieren

Regenerieren und glätten

Die dabei verwendeten regenerativen Wirkstoffe umfassen u. a. Isoflavone («Phytohormone »), Vitamin C-Derivate, Peptide zur Stimulation der Kollagensynthese sowie N-Acetyl- Glucosamin, ein Ausgangsstoff für die Hyaluronsäure-Synthese. Für schnelle, temporäre Effekte eignen sich Hyaluronsäure und Spilanthol (aus Parakresse), um Falten zu reduzieren, Kigelia-Extrakt, um die Haut zu straffen sowie Tranexamsäure, um die oberflächlichen Kapillaren zu stabiliseren. Für pigmenthaltige dekorative Produkte gilt wie für die Kombination von Pflege und Regeneration, dass die gleiche Basiscreme zu verwenden ist. Sie sollte keine kontraproduktiven Konservierungsstoffe oder andere potenziell allergenen Komponenten enthalten.

Für zu Irritation, Rötungen und entzündlichen Reaktionen neigende Haut eignen sich die anti-entzündlichen essenziellen Fettsäuren natürlicher Öle, z. B. von Nachtkerze, Kiwi oder Lein. Sie werden möglichst abends angewendet, da sie strahlungsempfindlich sind.

Darüber hinaus sind Proteasehemmer wie Boswelliasäuren (Weihrauch), 5-Lipoxygenase- Hemmer und antibakterielle Stoffe wie Azelainsäure gegen Anaerobier bei Akne und Rosacea im Gebrauch.

 

Dermatologisch vernetzt

Für die Anti-Aging-Behandlung sind fundierte dermatologische Kenntnisse und die Vernetzung mit dermatologischen Praxen hilfreich. Denn die Prävention ist ein wichtiges Element in der ganzheitlichen AA-Strategie. Jede Indikation benötigt eine angepasste Hautpflege – auch adjuvante Korneotherapie genannt. Die für Therapie und Prävention verwendeten Basiscremes entsprechen der Kosmetikverordnung (KVO), der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) und der Europäischen Pharmakopöe (Ph. Eur.). Beispiele sind lamellare Basiscremes zur therapeutischen Hormonbehandlung mit Östrogenen, die kosmetische Pflege mit Isoflavonoiden oder die Akne-Behandlung mit Vitamin A-Säure (therapeutisch) sowie Vitamin A und Azelainsäure (kosmetisch). Modulare Systeme ermöglichen hierbei, Arzneistoffe und kosmetische Wirkstoffkonzentrate in die Basiscremes einzuarbeiten. Die verjüngende Behandlung lässt sich zudem durch den Einsatz von Hautsonden optimieren, die eine fundierte Hautanalyse und die zeitliche Verfolgung der Behandlungsergebnisse erlauben. Durch die Kombination von Präparaten mit Geräten, die mit elektromagnetischen Wellen, mechanischer Energie oder direkter Wärmeübertragung die Penetration und Permeation von Wirkstoffen beschleunigen, lässt sich die Zeit zwischen der Anwendung und dem Eintritt der Wirkung reduzieren.

Wie erwähnt sind modulare Kosmetika der Schlüssel für nachhaltiges Anti-Aging, indem entsprechende Basiscremes, -gels und -lotionen individuell auf die Kunden zugeschnitten, mit den benötigten Wirkstoffen ausgestattet und kontraproduktive Komponenten ausgeschlossen werden. Selbst die Personalisierung von Masken im Institut und für die Anwendung zu Hause ist möglich.

 

Ein Blick in die Zukunft

In diesen Prozess können vielleicht in ferner Zukunft auch DNA-Analysen einfliessen; gegenwärtig sind ihre Ergebnisse jedoch noch zu vage. Langjährige Erfahrung, persönliche Inaugenscheinnahme, Hautanalyse, angepasste Behandlungsabläufe und eine fundierte Beratung zu Präparaten vor Ort sind heute entscheidende Vorteile für die Kunden, um den Kosmetikinstituten den Vorzug gegenüber dem Online-Einkauf zu geben.

Die Hautflora – bitte nicht stören!

Die Hautflora alias Mikrobiom leistet einen bedeutenden Beitrag zur Hautgesundheit und Hautkondition – inklusive Säuremantel. Diese Symbiose zwischen Epidermis und Mikrobiom wird empfindlich gestört durch:

  • übertriebene Hygiene und kosmetische Hilfsstoffe, insbesondere Konservierungsstoffe
  • starke Chelatbildner wie EDTA (Ethylendiamintetraessigsäure)
  • hohe Antioxidanzien- Konzentrationen
  • gepufferte pH-Einstellungen, die ausserhalb der physiologischen pH-Werte der Haut liegen. Die dadurch verursachte Reduzierung residenter Keime auf Kosten gegebenenfalls resistenter pathogener (krankmachender) Keime ist kontraproduktiv.

 

 

 

 

Hans Lautenschläger studierte Chemie und Physik. Schwerpunkte seiner Tätigkeit bilden die Entwicklung und Anwendung von kosmetischen sowie von dermatologischen Präparaten. Nebenbei schreibt er auch für Fachmagazine.

[email protected]

 

 

 

Text: Hans Lautenschläger 

Photos: stock.adobe.com (3), Hans Lautenschläger (1)

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